Frank Sieren ist einer der führenden deutschen Chinakenner, der seit 1994 in Peking lebt. Im aktuellen Fischer Podcast beleuchtet der Bestseller-Autor mit Blick auf den Krieg in der Ukraine Haltung und Einflussmöglichkeiten der chinesischen Führung. Das bevölkerungsreichste Land der Erde spielt aber nicht nur in der gegenwärtigen Krise eine Schlüsselrolle, sondern agiert längst als globaler Innovationstreiber.
In der westlichen Welt herrscht der Eindruck, dass der Einfall der russischen Armee in die Ukraine in China wenig Beachtung findet. „Es ist schon ein großes Thema“, beschreibt Frank Sieren in der neuen Ausgabe der Podcast-Reihe „Fischer Highlights“ die tatsächliche Situation. Die Zurückhaltung der asiatischen Großmacht, die zwar den Krieg ablehnt, aber ihre guten Beziehungen zu Russland nicht gefährden möchte, interpretierte der Autor als „taktisch klug“. Der Westen kritisiere zwar zu Recht eine mangelnde Empathie. „Aber unter Umständen schafft China dadurch eine Vermittlerposition, die noch sehr wichtig werden kann“, sagte der 55-Jährige im Interview. Niemand scheint in der Weltpolitik derzeit größere Einflussmöglichkeiten auf Wladimir Putin zu haben als Chinas Präsident Xi Jinping, so die Analyse des Experten, der zudem erklärte, dass die Machthaber im Reich der Mitte großes Interesse an einer unabhängigen Ukraine hätten. Beispielsweise ist das osteuropäische Land neben den USA wichtigster Getreidelieferant für China. Es hat aber auch wichtige Rüstungsgüter geliefert wie zum Beispiel Chinas ersten Flugzeugträger.
Frank Sieren erinnerte im Podcast-Gespräch auch daran, trotz der augenblicklichen Krisensituation nicht die globalen technologischen Ambitionen der bevölkerungsreichsten Nation der Welt aus den Augen zu verlieren. Schon längst befinde sie sich mit dem Silicon Valley mindestens auf Augenhöhe. Die Megametropole Shenzhen mit über 20 Millionen Einwohnern etwa sei nun bald die erste Stadt weltweit, in der autonom fahrende Fahrzeuge ohne Beschränkungen herumfahren können.
„Unsere Demokratie ist vielleicht ein bisschen sanierungsbedürftig“, folgerte er angesichts der enormen Entwicklungsschritte in China. Sicherlich sei es kein guter Weg, sich in Richtung China zu bewegen, aber „Mitbestimmung wettbewerbsfähiger machen“ sollte diskutiert werden. Damit meint er ein Konzept, mit dem Entscheidungen von allen diskutiert und gemeinsam getroffen werden, aber nach einer Findungsphase die getroffenen Entscheidungen auch ohne weitere Einspruchsmöglichkeit umgesetzt werden. Dass China sich langfristig demokratischer entwickeln wird, daran ließ der Bestseller-Autor keine Zweifel. Diejenigen, die davon sprechen, dass Wandel durch Handel gescheitert sei, urteilten voreilig. „Aber ich bin auch davon überzeugt, dass eine chinesische Demokratie mit 1,4 Milliarden Menschen anders aussehen wird als westliche Demokratien.“
Weiterhin habe sich der asiatische Staat nicht mehr nur als Partner etabliert, sondern sei längst ein ernstzunehmender Wettbewerber geworden, mahnte Frank Sieren an die deutsche Wirtschaft gerichtet. Er verwies als Beispiel auf die chinesische Autoindustrie, die für die Chinesen selbst immer attraktiver werde. Sein Fazit: „Wir müssen uns mehr anstrengen.“ Denn der riesige Markt habe mit einem Prokopf-Einkommen von Rumänien noch längst nicht seinen Sättigungsgrad er-reicht und biete auch zukünftig immense Chancen für den deutschen Mittelstand. Und der sei in China nach wie vor hoch angesehen.
Frank Sierens neuester Spiegel-Bestseller heißt: „Shenzhen Zukunft Made in China“ und ist auch als Hörbuch erhältlich, vom Autor selbst eingesprochen.
Der komplette Podcast ist HIER zu finden.